Die Trilaterale Kommision (USA, Europa, Japan)

Die Verabschiedung vom Prinzip der geheimen Kabinettspolitik wurde einst als demokratischer Fortschritt bejubelt. Die Bürger wollten offen und transparent regiert werden. Niemand sollte sie länger von Informationen abschneiden, gängeln und manipulieren. Aufklärung und Emanzipation wiesen den "Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" (Kant).
Doch allmählich werden die Räder wieder zurückgedreht. Nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten westlichen Hemisphäre. Entwickelt hat sich als neuer Adel eine überstaatliche "politische Klasse", die hinter verschlossenen Türen die Entwicklungen abspricht, kontrolliert und steuert.
Die Völker werden zunehmend entmündigt.


Wer dieses Problem anspricht, läuft Gefahr, als Obskurant und Verschwörungstheoretiker niedergemacht zu werden, womöglich als jemand, der sein Weltbild aus den "Protokollen der Weisen von Zion" bezieht. Diskussionen über Hintergrundzirkel sind verpönt. So kommt es denn, daß nahezu kein Deutscher die "Trilaterale Kommission" (TK) kennt, obwohl diese das wohl einflußreichste Steuerungsinstrument der Weltgeschichte darstellt.
Es handelt sich keineswegs um anonyme, gesichtslose Akteure. Ihre Namen sind zumindest teilweise bekannt, und sie haben sich sogar ein eigenes Wappen gegeben: drei sich vereinigende Pfeile.


Hinter verschlossenen Türen
Im letzten Oktober tagte die europäische Sektion der Trilateralisten in Berlin, Unter den Linden 77, Hotel Adlon.
Eine illustre Schar: Vorstandschefs wie Heinrich von Pierer von Siemens, Ex-Premierminister wie Schwedens Carl Bildt, EU-Kommissare a.D. wie Sir Leon Brittan, Milliardäre wie Marcus Wallenberg, Zentralbanker wie EZB-Vizepräsident Lucas Papademos kamen im Minutentakt durch die goldene Drehtür des Luxushotels.

Man konnte sie sehen, ihnen aber nicht zuhören. Denn die wichtigste TK-Regel lautet:
Alles, was besprochen wird, ist geheim.
Während das Weltwirtschaftsforum in Davos einmal im Jahr wenigstens einige interessierte Beobachter zuläßt, bleiben die Trilateralisten konsequent unter sich - abgeschottet im Dämmerlicht. "Diese Intimität macht die Kommission so wertvoll", sagt das deutsche Mitglied Karsten Voigt (SPD), Koordinator für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt.
Die Bürger wären womöglich "überfordert", wenn sie hören oder lesen würden, welchen Endzielen die tagespolitischen Weichenstellungen dienen.

Der Kreis der Eingeweihten und Informationsprivilegierten ist überschaubar:
Nur 385 Trilateralisten gibt es weltweit. 160 davon stammen aus Europa, 115 aus Nordamerika und 110 aus Asien. Sie repräsentieren die drei wirtschaftlichen Zentralregionen der Erde.
"Wir wollen die Interdependenz fördern", sagt der Ire Peter Sutherland, Vorsitzender der europäischen TK-Gruppe. "Interdependenz" heißt auf deutsch: gegenseitige Abhängigkeit.
Die Staaten und Regionen sollen an eigenständigen Entwicklungen gehindert werden; nationale Sonderwege sind unerwünscht.

Der 58jährige Sutherland ist ein typischer TKler. Er war Chef der Welthandelsorganisation GATT und der Investmentbank Goldman Sachs. Zuvor amtierte er als EG-Kommissar für Wettbewerbsfragen. Begonnen hatte er 1981 als irischer Generalstaatsanwalt. 1995 wurde er stellvertretender Vorsitzender der British Petroleum Company (BP). Da kann man nur staunen: Politik und Juristerei, Bankwesen und Ölgeschäft - alles in einer Person gut vermischt.
Die Trilateralisten kennen weder Gewaltenteilung noch Interessenskollisionen. Sie personifizieren eine allumfassende Oligarchie.
Geld und Politik = Macht

Gegründet wurde die TK vor 31 Jahren. Damals sorgte sich der schwerreiche US-Bankier David Rockefeller um die Konflikte Amerikas mit dem aufstrebenden Japan und dem sich in der EG einigenden Europa.
US-Präsident Richard Nixon kündigte den Goldstandard auf - es drohten unkontrollierbare Entwicklungen.
Dem Chef der Chase Manhattan Bank fiel die Aufgabe zu, einen überstaatlichen Zusammenschluß einflußreicher Funktionäre und Manager gegen nationale und regionale "Egoismen" in Stellung zu bringen. Das galt und gilt freilich nicht für US-Belange.
Die Trilaterale Kommission ist im Zweifelsfall proamerikanisch, wobei weniger das Land als seine internationalistisch ausgerichtete Ostküste gemeint ist.

In der Kommission, so heißt es, ist jeder ausschließlich Privatier.
Wer ein führendes Regierungsamt übernimmt, muß seine Mitgliedschaft ruhen lassen. So wie Richard Cheney, Paul Wolfowitz und Richard Perle. Sie folgten George W. Bush ins Weiße Haus, Cheney gar als Vizepräsident. Die drei gelten als treibende Kräfte hinter dem Irakkrieg, wobei sich Ölinteressen und proisraelische Schutzmachtfunktionen die Waage halten.

In Berlin beim Treffen von 97 europäischen Trilateralisten war das Verhältnis zwischen Europa und den USA eines der Hauptthemen.
Einigkeit bestand darüber, daß es grundsätzlich egal ist, wer in Washington regiert - solange es einer von der TK-Liste ist, zumindest einer, der sich auf Trilateralisten stützt.
Schon 1976 entstammten 15 Kabinettsmitglieder des US-Präsidenten Jimmy Carter der Trilateralen Kommission - auch Carter selber. Seitdem betrachten patriotisch-konservative Kommentatoren in den USA die Kommission als eine Art geheime Weltregierung.

18 deutsche Trilateralisten
Die Öffentlichkeit bemerkt davon wenig. Alles läuft vertraulich ab - wie im Tempelhaus einer Freimaurerloge, allerdings unter Verzicht auf befremdliche Rituale. Wahlen gibt es keine in der Trilateralen Kommission: Hinzugeladen wird, wer als geeignet erscheint.
Die Zahl der Sitze ist quotiert:
Deutschland stehen derzeit 18 Mitglieder zu.
Werden neue Länder integriert wie unlängst die EU-Beitrittsstaaten, geben die anderen TK-Nationalitäten Sitze ab. Ihren Jahresetat von 550 000 Euro finanziert die europäische Gruppe der Trilateralen fast ausschließlich über Spenden, was angesichts der wohlbestallten Mitglieder kein Problem ist.

Vorsitzender der deutschen TK-Gruppe ist seit 2002 Michael Fuchs, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Koblenz und ehemaliger Präsident des Bundesverbandes des deutschen Groß- und Außenhandels. In der öffentlichen Wahrnehmung eher ein Hinterbänkler, tatsächlich aber ein zentraler Strippenzieher zwischen Politik und Wirtschaft. FDP-Ehrenvorsitzender Otto Graf Lambsdorff ist als Deutscher am längsten dabei. Deutsche-Bank-Ex-Chef Rolf-Ernst Breuer (CDU) ist ebenso Trilateralist wie die Ex-Bosse von Volkswagen und Allianz, Carl Hahn und Henning Schulte-Noelle.
Dabei spielen unterschiedliche Parteibücher keine Rolle.

Überall dabei
Auf Hierarchien verzichtet die Kommission. Die Sitzordnung ist alphabetisch. Deutsche-Bank-Vorstand Jürgen Fitschen sitzt neben Thomas Foley, Ex-Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme neben Lafarge-Boss Bertrand Collomb und Arend Oetker neben Andrzej Olechowski, Polens Ex-Außenminister.

Letzterer verkörpert neben dem schon erwähnten Sutherland die in der TK bevorzugte Verknüpfung von Politik und Wirtschaft: Olechowski war bei UNO und Weltbank tätig, bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, auch als Vize der polnischen Nationalbank und als Aufsichtsratsvorsitzender der Warschauer Handelsbank. Bevor er Außenminister wurde, leitete er das Finanzministerium. Seine Mandate in Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiräten reihen sich endlos und lassen erkennen, daß es sich nicht um Arbeits-, sondern um Kontrollfunktionen handelt.

Die Mitglieder der Trilateralen Kommission sind nicht Universalgenies, die an jeder beliebigen Stelle mit außerordentlichem Sachverstand aufwarten, sondern Politik- und Wirtschaftsapparatschiks, denen es um ideologische Weichenstellungen geht.
Ihr Trumpf ist die persönliche Einbindung in ein überstaatliches Beziehungsgeflecht.
Man muß es nicht als "Verschwörung" dämonisieren, um zu erkennen, daß sich hier eine Macht ballt, die sich demokratischer Kontrolle weitgehend entzieht.

Unveränderliche Koordinaten
TK-Mitglied Karsten Voigt begründet die Geheimniskrämerei mit dem Hinweis, nur so könnten alle "offen reden und voneinander lernen".
Heißt im Umkehrschluß: Ansonsten wird nicht offen geredet und nicht gelernt. Voigt hat gelernt. Er war einst Juso-Bundesvorsitzender, fiel mit neomarxistischen Sprüchen auf, besuchte Walter Ulbricht und propagierte die "Transformation des kapitalistischen Systems in ein sozialistisches". Großbanken und Schlüsselindustrien wollte er verstaatlicht wissen.

Da wäre es schon interessant, den Ablauf jener Tagungen und Gespräche zu kennen, die bei Voigt einen völligen Gesinnungswandel auslösten. Plötzlich begeisterte er sich für die NATO, forderte deren Ausweitung bis an die russischen Grenzen, setzte sich für Auslandseinsätze der Bundeswehr ein. 1994 trat er an die Spitze der Nordatlantischen Versammlung. Eine Häutung, die sich viele Genossen nicht zu erklären vermochten. Außenminister Fischer, selber extrem anpassungsfähig, sah in Voigt jedoch einen artverwandten Geist und berief ihn zum Koordinator der deutsch-amerikanischen Beziehungen, ausdrücklich auch zuständig, die "Kontakte zu den jüdischen Organisationen" zu verbessern.

Nach Aussage Fischers sind die Koordinaten deutscher Außenpolitik unveränderlich und damit auch unabhängig von der Zusammensetzung der Bundesregierung.
Warum das so ist, erklärte der Minister leider nicht. Vermutlich wird darüber bei den Tagungen der Trilateralen Kommission gesprochen...
Höchste Zeit also, die Türen zu öffnen und den "demokratischen" Prozeß ein wenig transparenter zu machen.


Denn die einen sind im Dunkeln
Und die andern sind im Licht
Und man siehet die im Lichte
Die im Dunkeln sieht man nicht

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